Platon und Kant

Die Verfahren der dihairesis in der Reflexivität ihrer Einteilungen und die kathartische Funktion der diakritike, die dialektische Wissenschaft in Teilhabe und Verflechtung von Ideen und die verschiedenen Arten der Verbindung, etwa von Reflexionsbegriffen als gleichrangig höchster Gattungen oder im urteilsbildenden Logos, wie sie der platonische Dialog "Sophistes" zur Darstellung bringt, sollen in sachlichem Zusammenhang mit dem "Traktat über die Methode" behandelt werden, als den Kant selbst das Werk der "Kritik der reinen Vernunft" kennzeichnet.

Die auffallenden methodischen Parallelen zwischen diesen beiden Werken aus Antike und Neuzeit, die zu den wichtigsten in der Philosophie überhaupt gehören, können am Leitfaden des Begriffs der Urteilskraft als in der Sache des philosophischen Denkens begründet gesehen werden. Denn es ist zweifellos die Urteils-kraft das Vermögen, das sowohl in der Prüfung der Unterredungskunst durch den Fremden aus Elea im "Sophistes", als auch durch die aufklärerische Kritik im Zeitalter Kants in Anspruch genommen ist. Für die Bestimmung des Begriffs der Philosophie als Methode ist so die Urteilskraft schon von Platon her maßgeblich geworden, weil sie es ist, die der Vernunft im Erkennen von höchsten oder ursprünglichen Bestimmungsgründen das Profil ihres Vermögens verleiht. Vernunft vermag sich nur mit der eine Selbsterkenntnis von Prinzipien im Gebrauch ermöglichenden Reflexion der Urteilskraft von der theoretischen Erkenntnishaltung des Verstandes zu unterscheiden und kann als sie selbst nur mit der das Maß der Vermögen kritisch wahrenden Urteilskraft handlungsorientierend sein.